Dritter und letzter der Baltischen Staaten: von Lettland geht es weiter nach
ESTLAND
Dienstag, 24.5.
Bis gegen 9 Uhr geschlafen, dann nochmals in die Stadt Cesis gefahren und erfolglos einen gebührenfreien Parkplatz gesucht, mit Hilfe der Polizei dann doch einen "entdeckt". Wir machen uns auf in die Altstadt, schauen in die Johannes-Kirche, spazieren an teilweise unter Denkmalschutz stehenden Holzhäusern vorbei und landen bei der Ordensburg aus dem 13. Jahrhundert, die als am besten erhaltene Burg des Baltikums gilt. Am Nachmittag setzen wir dann unsere Fahrt fort und erreichen nach ca. 100 km Fahrt auf einer Na-Ja-Straße durch dichten Mischwald die Grenze zu ESTLAND - und freuen uns gleich über die sehr gute Qualität der Straße.
Auch hier km-lang durch Wald, kaum irgendwo ein Dorf - und wenn, dann höchstens 3 Häuser. Ein paar Sehenswürdigkeiten sind an der Hauptstraße angeschrieben, mehr als verfallene Kirchen sind jedoch nicht zu finden. Wir erreichen die Universitätsstadt Tartu, die laut Reiseführer jedoch auch nicht viel zu bieten hat und landen schließlich in Mustvee am Lake Peipsi, durch den die Grenze zum nahen Russland verläuft.
In einem KONSUM füllen wir unsere Vorräte auf und hoffen auf eine gute, vor allem ruhige Nacht am Ufer des riesigen Sees. Ein Franzose mit Camping-Van stellt sich neben uns, ein anderes WoMo fährt eine Parkplatzrunde, verschwindet aber dann wieder. Ein paar Jugendliche sitzen bis zum Einbruch der Dunkelheit am Strand und trinken, ein Fischerboot fährt auf den See hinaus, mehr tut sich hier den ganzen Abend nicht - doch: vor dem Fenster sehe ich viele hungrige Gelsen kreisen ...
Km-Stand: 3.217
Mittwoch, 25.5.
Verbrachten eine ruhige Nacht, nur gegen halb 8 wurden wir vom Regen geweckt. Hatten wir schon einige Male, Regen des Nachts - Sonne unter Tag. Doch heute blieb es den ganzen Tag trüb, aber trocken. Wir fuhren über Johvi nach Narva, der Grenzstadt zu Russland. Eine ewig lange Kolonne Transporter staute sich vor der Grenze, nicht nur einer war mit (fast ausschließlich !) schwarzen Mercedes beladen. Hauptsächlich Geländewägen für Russland ...
Narva ist vor allem wegen dem Schloss sehenswert. Auf der anderen Seite des Grenzflusses Narva (seit 1991) hat nämlich Iwan III ein nicht minder imposantes Bollwerk errichtet: die Festung Iwangorod. Gut gesichert ist auch der Grenzübergang, obwohl reger Personenverkehr auf der Brücke über die Narwa ahnen lässt, dass der kleine Grenzverkehr gut funktioniert.
Wir fahren dann wieder an der Küste nach Westen und machen einen Abstecher nach Kivioli. Dieses Städtchen bietet zwar nichts von Interesse, in der Nähe aber sind hohe Aschenberge, die Überreste der Ölschieferproduktion (Estlands einziger Energieträger) zu sehen. Und von diesen Bergen hat man einen tollen Ausblick über das Land, von etwa 130 Meter Höhe sieht man, wie einsam, flach und bewaldet das ganze Land eigentlich ist.
Unser nächstes Ziel ist Valaste (östlich von Ontika), ein kleines Dorf mit einem Naturschauspiel, das in Estland wohl einzigartig ist: ein ca. 30 m hoher Wasserfall tost über eine Kante ins Meer. Nur schade, dass die Plattform, von der man den Wasserfall hautnah anschauen kann, nicht begehbar ist.
Etwa 60 km vor Tallin biegen wir rechts ab und fahren nach Käsmu, einen kleinen, verschlafenen Ort an einer weitläufigen Bucht, in der viele riesige Findelsteine liegen. In diesem einsamen Dörfchen haben sich viele reiche Esten ein Ferienhaus gebaut, auch ein offener Campingplatz ist vorhanden.
Wir fahren weiter Richtung Tallin, die fast neue Autobahn ist kaum befahren und hat bei fast jedem Haus eine Auf- bzw. Abfahrt, auch Bushaltestellen und Zebrastreifen sind vorhanden. Wir nehmen eine der kleinen Abfahrten und stehen die Nacht auf einem Parkplatz vor einer Kirche samt Denkmal in Jöelähtme, 42 km vor Tallin.
Km-Stand: 3.548
Donnerstag, 26.5.
In der vormittäglichen Verkehrsflaute kommen wir nach Tallinn und steuern den City-Camping an. Das Navi sagt, rechts abbiegen, dann links. Mach ich. Die Straße wird schmäler, dann noch schmäler. So wie ein Radweg halt ist. Nach ein paar hundert Meter dann über den Fußgänger- bzw. Radwegübergang auf die normale Straße, zurück zum Ausgangspunkt und auf ein neues abgebogen - und der Hinweistafel TALLINN-CITY-CAMPING gefolgt und nicht dem Navi ...
Der Tallin-City-Camp ist ein sehr großer Parkplatz bei den Messehallen, es gibt keine Stellplatzmarkierungen und nur ganz wenig Grün am Ende des Platzes, dort wo ein Spazierweg zu Privathäusern führt. Duschen und Rezeption sind in der Messehalle 1, Internet ist nur im Umkreis von ca. 10 Meter bei der Rezi frei zur Verfügung. 22,- satte Euro kostet ein Tag für das WoMo samt uns, die extra 4 € für Strom sparen wir uns, können ja eh nicht fernsehen - und jeden Tag Nespresso muss ja auch nicht sein. Die Sonne scheint intensiv, es ist an die 20 Grad warm, als wir uns auf die Räder schwingen und in die ca. 3 km entfernet Altstadt radeln.
Den Stadtvätern von Tallinn ist es gelungen, den historischen Charakter der Stadt zu erhalten. Stadtmauer, Kaufmannshäuser, Festungsanlagen, Kirchen, alles wunderbar und sehr gepflegt. UNESCO-Kulturerbe vom Feinsten.
Die Altstadt ist zweigeteilt, am Domberg mit der Ordensburg und der alten Domkirche residierten die Spitzen der mittelalterlichen Gesellschaft, in der für uns eigentlich viel schöneren und sehenswerteren Unterstadt stehen die Kaufmannshäuser, die Gildehäuser, das Rathaus, eigentlich fast nur historische Gebäude, wie zum Beispiel die Apotheke aus dem 14. Jhdt.
Km-Stand: 3.590
Freitag, 27.5.
Wieder einmal Regen gegen Morgen, der ganze Tag abwechselnd mit mehr oder weniger Sonne - und teilweise kräftigen Wind. Gegen Mittag radeln wir wieder in die Altstadt, die uns sehr gut gefällt. Wir besuchen noch ein paar Kirchen, entdecken das eine oder andere sehr sehenswerte Gebäude und kehren in einem original mittelalterlichen Lokal ein, auf der Speisekarte sind neben den üblichen internationalen Gerichten auch Estnische Speisen zu finden, Brigitte probiert "Pork with Mushroom and baked Potatos and Cheese", ich nehme "Boiled leg of Pork with beans and vegetables".
Am späten Nachmittag sind wir wieder am Campingplatz. Mit Reisebericht schreiben, ein bissl surfen, ein bissl Nixtun und noch mehr Nixtun vergeht der Tag.
Samstag, 28.5.
Sonnig, 12 Grad. Ich laufe eine 8,5 km Runde durch den Park bzw. am Strand entlang, dann zahlen wir und machen uns auf die Reise.
45 km westlich von Tallin in Baldiski steht ein Leuchtturm an einer sehr steil abfallenden Küste in die Ostsee, ein Spaziergang dort ist unser erstes Ziel für heute. Leider zwingt uns sehr kalter Wind bald wieder zurück ins Auto, und wir fahren durch die echt arg aussehende Stadt wieder auf die Bundesstraße. Wenn man sich eine russische Siedlung vom FEINSTEN ansehen will, hier ist man richtig. Grässliche Plattenbauten, morsche Fensterläden, kaputte Fenster, ungepflegte Gärten und Wiesen. Zu Zeiten Stalins war hier militärisches Sperrgebiet mit dem größten Ausbildungszentrum für Atom-U-Boote. Heute verfällt und verrostet alles ...
Und scheinbar ist hier auch das Zentrallager für importiere PKW`s. Riesige Flächen mit hohem Zaun, ganz oben eine nicht zu übersehende Stacheldrahtrolle, Kameras und Scheinwerfer - und dahinter einige 100 neue PKW bzw. Kombi, einige der Plätze sind jedoch komplett leer, Nachschub ist aber unterwegs wie wir im nahen Hafen erkennen können.
Auf den Weg nach Virtsu an der Westküste lockt mich ein Hinweisschild 13 km weg von der Hauptstraße in einen Naturpark samt Vogelreservat. Sieht fast aus wie im Burgenland, sehr romantische Gegend, in der es so ca. alle 5 km ein paar Häuser gibt. Ob die bewohnt sind, ist nicht genau festzustellen, manche schauen schon sehr einsam aus ... Schließlich erreichen wir Virtsu und haben Glück, die Fähre auf die Insel Muhu, ein der großen Insel Saaremaa vorgelagertes Inselchen, steht zur Abfahrt bereit. Um günstige 11,19 € (umgerechnet von der alten Estnischen Währung auf den € OHNE Aufrundung!) fähren wir in ca. 30 Minuten übers sehr stürmische Meer und finden im 100 Einwohnerdorf Liiva (irgendwo mitten im Wald) einen hoffentlich ruhigen Platz für die Nacht. Und wieder einmal bemerken wir, dass wir doch schon ziemlich weit im Norden sind: Erst gegen 23 Uhr wird es richtig finster.
Im Konsum (hier gibt es auch ein Postamt und eine Apotheke) kaufen wir noch ein paar Kleinigkeiten ein, dann ist Schluss mit den heutigen Aktivitäten. Km-Stand: 3.822, 40 Liter um je 1.197 getankt
Sonntag, 29. Mai
Ohje, die Wolken hängen tief herunter, es regnet auch fest. Wir fahren an die 20 km und erreichen den Damm, der die Insel Muhu mit Saaremaa verbindet. Es weht starker Wind, das Meer ist ziemlich rau. Die 65 km nach Kuressaare, der Hauptstadt,  führen großteils durch dichten Wald, ab und zu sind große Viehweiden zu sehen. Und vereinzelt ein paar Häuser, Mindörfer ...
In Kuressaare parken wir bei der würfelförmigen Bischofsburg, einem sehr imposanten Bauwerk. Die Sonne lässt sich ab und zu blicken und wir beginnen mit der "Stadt"-Besichtigung - und sehen viele Leute mit Maiglöckchen-, Narzissen- und Tulpensträußen am Straßenrand stehen und warten. Dann kommt auch schon die Prozession auf uns zu, Ziel ist der Burghof. Die örtliche Musikkapelle spielt, die Leute sind in Festtagskleidung. Im Burghof dann eine Ansprache und Gesangsdarbietung, die Stars des Festes sind eindeutig kleine Kinder. Ich suche mir einen Einheimischen aus, der vermutlich Englisch spricht und frage ihn, was da heute los ist. Uuuuuups, Englisch wird hier sehr selten gesprochen, muss ich feststellen. Erfahre aber soviel, dass es sich um ein Schulschlussfest handelt, bei dem die Erstklässler in die zweite Klasse verabschiedet und die Tafelklassler aufgenommen werden. Als "Belohnung" bekommen sie die Blumensträuße. Kaum war die Veranstaltung vorbei, setzte auch schon wieder der Regen ein, natürlich fehlte auch der übliche starke Wind nicht. Temperatur: 9 Grad.
Bietet sich nicht für Aktivitäten an, das Wetter, deshalb fahre ich mit dem WoMo eine Stadtrunde, der WiFi-Finder ist in Betrieb und bald haben wir ein offenes Netz gefunden. So vergeht dann der Nachmittag im WoMo sitzend, lesend, surfen, nix tuend. Und draußen strömt der Regen, windet der Wind.
Am Abend fahre ich zum nahen Sportzentrum und parke für die Nacht ein. Wurden mehrmals durch regen Verkehr (aber nur Autos) am Platz geweckt, aber ab ca. 2 Uhr war Ruhe - vermutlich Sperrstunde im Ortslokal.
Km-Stand: 3.901
Montag, 30. Mai
So, das Wetter ist wieder so, wie es sein soll. Fast wolkenlos, und um 5 Grad wärmer als gestern. Aber ein Frühstück im Freien verbietet der Wind.
Heute steht wieder Sightseeing am Programm, wir beginnen mit dem Kratersee von Kaali, eine der großen Attraktionen der Insel. Über 100 Meter Durchmesser und an die 60 Meter tief ist das Loch, das ein Meteor vor vielen 1000 Jahren hier in den weichen Boden schlug, ein paar kleiner Einschlaglöcher sind noch im Wald rund herum zu finden. Weiter fahren wir nach Leisi, wo 5 km vorher in Angla ein Windmühlenpark zu besichtigen ist. Für je 2 € erkunden wir den Park und besichtigen auch 2 Mühlen von innen. Toll renoviert, nette und sehenswerte Anlage.
Im Vorbeifahren statten wir noch der Katharinenkirche (13. Jhdt) einen Besuch ab, dann fahren wir an der Nordküste der Insel entlang. Herrliche Strände, einzelne Ferienhäuser, viel Wald und noch mehr Natur gibt es hier. Aber auch jede Menge Gelsen, die scheinbar nach der langen Wintersaison nur mehr auf Touristen warten - und sofort zu 100en angeflogen kommen, wenn man nur die WoMo-Tür öffnet. Wir kommen wieder auf die Hauptstraße, fahren über den Deich zurück auf die Insel Muhu und mit der Fähre wieder um 11,19 € aufs Festland. Von Virtsu fahren wir durch wieder sehr viel Wald und wenig Besiedlung nach Pärnu, der Sommerhauptstadt von Estland. Da jetzt aber noch kein Sommer ist, ist es auch sehr ruhig hier, und Kirchen besichtigen wollen wir nicht mehr, deshalb fahren wir gleich weiter.
Langsam, aber sicher, geht unsere Reise gegen Ende, mir fällt heute ein, dass wir ja am Donnerstag einen Abend-Termin in Graz haben. Also auf, ab in den Süden. Bei Ainali verlassen wir Estland, lassen Riga rechts liegen und erreichen kurz nach Bauska Litauen. Die Straßen sind ganz o.k., das Land einsam, sehr viel Wald, wenige Häuser bzw. Dörfer sind zu sehen. Bei Pasvalys verlassen wir die Hauptstraße und finden in einer schönen Siedlung vor einer Schule einen Platz für die Nacht..
Km-Stand: 4.267, 62 Liter um je 1,189 auf Saaremaa getankt.
Dienstag, 31.5.
In der Früh waren wir die Attraktion für die Schüler, die heute ihre Zeugnisse bekamen. Es wird ja doch nicht all zu oft der Fall sein, dass ein WoMo aus Österreich vor ihrer Schule steht - mit zwei Hunden, deren Rasse hier sicher ziemlich exotisch ist. Wir machen uns auf die Weiterreise, unser nächstes Ziel ist Kaunas, wo Brigitte unbedingt noch in die Stadt will, Magneticos von Litauen hat sie bei der Herreise vergessen. Na gut, hinein ins mittägliche Verkehrsgewühl, bis ins Zentrum, dann einen Parkplatz gesucht - und 45 Minuten später waren wir schon wieder unterwegs. Am Nachmittag war es 31 Grad heiß, für zwei Stunden verschwanden wir in einer schattigen Lichtung etwas abseits von der Hauptstraße. Und gegen Abend parkte ich 65 km vor Warschau im kleinen Dörfchen Poreba, 2 km von der Hauptstraße entfernt, beim Friedhof ein. Wir verbrachten eine ruhige Nacht.
Km-Stand: 4.786, 70 Liter in Lettland getankt
Mittwoch, 1.6.
Bis Warschau kamen wir gut voran, dann hatte unser Navi mit einigen neuen Straßen bzw. Kreuzungen ein Problem, wir auch. Herausgekommen ist eine Warschau-Rundfahrt, und zwar Warschau für Fortgeschrittene. Wieder auf der Straße nach Süden stauten wir auf 140 km NON-STOP-BAUSTELLE dahin. Wie lieblich sind bei uns die kurzen Baustellen bzw. Gegenverkehrsbereiche, auf denen sogar eine Tafel ankündigt, wie lange es noch Baustelle gibt. Von Warschau weg wird die Hauptstraße zur Autobahn "aufgerüstet", ein Riesenaufgebot von Baumaschinen ist im Einsatz. Für die 140 km brauchten wir knapp über 3 Stunden. Und ein kräftiges Gewitter dufte natürlich auch nicht fehlen.

Tschechien war dann bald durchquert und wir standen wieder am selben Platz in Wilfersdorf wie beim Urlaubsbeginn vor nunmehr 3 Wochen. Km-Stand: 5.556
Donnerstag, 2.6.
Um 9 Uhr weggefahren, unsere Geschäfte in der Steiermark erledigt und am Nachmittag waren wir wieder wohlbehalten zu Hause. Und begannen gleich mit der Pool-Reinigung, weil die Sommer-Sonne-Badesaison wird jetzt eröffnet.
Gesamt-KM: 6.002