Der Westen
- liegt links ober dem Süden und westlich vom Nordteil

Samstag, 24.7.
Die Reise wird immer länger - und die Tage immer kürzer.
Der Westen von Island wird von vielen Fjorden geprägt, man fährt sehr viele Kilometer, um am Ende aber trotzdem nicht viel weiter gekommen zu sein. Bei Stardaskali verlasse ich die Ringstraße und somit den Norden und fahre gemütlich am Meer entlang auf guter Straße, ca. 25 km auch auf guter Lehmpiste den ersten Fjord entlang. Die Gegend ist sowas von einsam, nur alle paar Kilometer ein Bauernhof, dazwischen Wiesen und sonst nix. Und unzählige Heuballen in Folie liegen auf den Feldern, eigentlich sehe ich die schon seit dem 1. Tag. Was wohl mit den vielen km² Folie passiert, wenn das Futter ausgewickelt und verbraucht wurde ??? 15 Kilometer vor meinem geplanten Ziel Hölmavik (ein 800 EW Dorf) sehe ich eine Kirche samt Bauernhof, die Lage ist schön und die Sonne scheint, also bleibe ich. Eines fällt auch noch auf: sehr viele von den sehr großen Höfen haben eine eigene, gar nicht kleine Kirche.  Heute gefahren: 202 km, gesamt 1.908
Sonntag, 25.7.
Frisch war es in der Nacht, auch in der Früh ist es nicht gar so. Es regnet nicht, aber es gibt viele Wolken und einen teilweise böigen Wind. Ich fahre ins nahe Dorf Hölmavik, wo ich die sehr tolle Ausstellung "Magie und Hexerei in Island" besichtige. Böse ginge es hier zu, im Mittelalter. Und alles wird sehr genau beschrieben.
Einsamkeit hat viele Namen - einer davon ist WESTFJORDE. Von Hölmavik geht es weiter in den eigenen Landabschnitt von Island, die Westfjorde. Auf vielen Kilometern ist nur Landschaft, sonst nix. Alle 20 km vielleicht eine Hütte oder ein paar einsame Schafe, vielleicht auch ein Autowrack. Dann erreicht man Reykjanes - ein vermeintlicher Ort an einem Fjord - aber Irrtum. Es gibt eine Automatentankstelle, ein einfaches Hotel und einen Pool. Aus. Ich nütze die Gelegenheit und bade eine gute Stunde im 35 bis 45 Grad (je nach dem, wo man im Pool ist) warmen Wasser, dann geht die Fahrt weiter. Der nächste Fjord wird einem erspart, es gibt eine Brücke,  die nächsten 3 Fjorde sind aber zum Ausfahren, viele Kilometer ohne Häuser,  ohne Schafe - nur einmal sehe ich einen größeren Bauernhof mit seiner Kirche. Schließlich und endlich lande ich in Sudavik, wo ich die Nacht am örtlichen Parkplatz verbringe. Vom Aussichtspunkt auf der anderen Seite des Fjordes wären es 2,3 km Luftlinie gewesen, auf der Straße sind es 20 Kilometer... Es hat am Nachmittag teilweise stark geregnet, doch kam auch immer wieder die Sonne kurz zum Vorschein - und die Fahrt war trotzdem sehr schön. Heute gefahren: 238 km, insgesamt 2.146

Montag, 26. Juli
Auf nach Isafjördur, der Hauptstadt des Westfjord-Gebietes, knapp unter dem Polarkreis gelegen. In den Fjorden sieht man oft jede Menge angeschwemmtes und oft noch zusammengebundenes Holz - sieht aus, als ob ein Holztransportschiff seine Ladung verloren hat. Dass man mit den Stämmen was Künstlerisches machen kann, sehe ich am Ortsende von Sudavik. Isafjördur ist ein kleines Städtchen mit Netto-Markt (der mit Abstand billigste Supermarkt in Island), eigenwilliger Kirche,  Aussichtspunkt und Skulptur, im Hafen liegt ein schwimmender Wohnblock vor Anker. Zwei jeweils 6 km lange Tunnel ersparen mir viele Kilometer, bis ich in Pingeyri ankomme - und gleich weiterfahre, es gibt für mich nichts Interessantes zu sehen.
Kurz nach dem Dorf beginnt das eigentliche Island-Abenteuer für mich. Die bisher schön asphaltierte Straße geht nahtlos in eine Schotterpiste über und steigt auf fast 1000 Meter Seehöhe abenteuerlich ins Gebirge. Teilweise regnet es, es ist nicht einfach zu fahren, zum Glück (?) bin ich fast alleine (auch in einzelner Radfahrer ist am Weg) unterwegs. Nur beim Wasserfall Dynjandi (der schönste Wasserfall Islands, oben 30 m, unten 60 m breit, Fallhöhe 100 m) sind 4WD-Autos zu sehen. Ich überquere ein Hochplateau, dann geht es auf der anderen Seite wieder abenteuerlich ins Tal, wenigstens scheint jetzt meistens die Sonne. Ziemlich durchgeschüttelt und mit komplett verdrecktem Auto komme ich endlich nach Bildudalur, mein geplantes Tagesziel. Doch der Camp ist sehr feucht, das Gras hoch, ich fahre weiter bis nach Patreksfjördur, wo ich mich bei Sonnenschein am örtlichen Platz niederlasse. Genug gefahren heute, es war ein Arbeitstag mit 185 km, insgesamt bin ich bisher  2.331 km gefahren. Und am Abend gab es Fussili mit Pesto - vom Italiener meines Vertrauens.

Dienstag, 27. Juli
Sonnenschein in der Früh, da kommt nach zwei eher durchwachsenen Tagen Freude auf. Ich umrunde die Bucht von Patreksfjördur und nehme Kurs auf den fast westlichsten Punkt Europas. Zu sehen gibt es wieder einiges: ein sehr altes, gestrandetes Schiff sowie einen Fliegerstützpunkt der USA aus längst vergangenen Zeiten. Latrabjarg, der Vogelfelsen, ist eine bis zu 450 m hohe und 14 km lange Felsklippe. Tausende Papageientaucher nisten in den senkrecht abfallenden Felswänden und lassen sich im Wind (heute im Sturmwind) treiben. Es ist richtig spannend, wenn man sich den Empfehlungen auf Hinweistafeln folgend, auf den Bauch legt und über die Klippen in die Tiefe schaut. Eine Stunde ist schnell vorbei, dann darf ich die selbe (zu 80 %  ganz gute Lehmpiste) wieder zurück in den Fjord zur Fernstraße fahren, dort rechts nach Brjanslaekur abbiegen, der Fährhafen ist mein Ziel. Aber unterwegs mache ich noch einen längeren Stopp bei einem Naturbecken, das Wasser hat 40 Grad - es ist einfach ein Genuss. Überhaupt, weil es nicht nach Chlor stinkt ... Um 16:45 Uhr bin ich im Fährhafen, um 18:30 beginnt die zweieinhalbstündige Überfahrt nach Stykkisholmur. Heute bin ich 154 km gefahren, gesamt 2.485

Mittwoch, 28. Juli
Nach einem Spaziergang durch das nette Städtchen (auch hier gibt es eine "exzentrische" Kirche) starte ich die heutige Fahrt, ich umrunde die Halbinsel. Durch mehrere kleine, sehr schöne Örtchen - überhaupt eine wunderbare Gegend mit vielen Fotomotiven - umrunde ich den Gletscherberg Snaefellsjökull (1.446 m), lasse mich vom sehr starken Wind fast auf einen Vulkanhügel hinaufblasen, dann erreiche ich Hellnar. Hier gibt es wieder einen Vogelfelsen in bizarr schöner Landschaft zu bewundern. Von hier weg fahre ich den fadesten Teil meiner ganzen Rundfahrt, 120 km (3 Radfahrer begegnen mir, 2 österr. PKW und ein Oldie-WoMo aus W) auf fast tellerflacher Ebene, mal am Meer, mal etwas weiter im Land. Es weht ein sehr starker Wind, so wie manchmal die Bora auf der Küstenstraße in Kroatien. Gegen Abend bin ich bei der Heißwasserquelle Deildartunguhver, stelle mich auf den Camp - und aus für heute nach 286 km, meiner längsten Etappe auf der Tour. Gesamtkilometer: 2.771
Donnerstag, 29. Juli
Wieder ein wunderschöner, warmer Tag. Am Vormittag fahre ich zur heißen Quelle von Deildartunguhver, sieht aus wie im Wassertopf beim Eierkochen. Ein paar Kilometer weiter ist Reykholt, einer der historisch bedeutendsten Orte Islands, hier findet sich auch die älteste bauliche Anlage Islands, der "Pool des Snorri" wird ins 10. Jahrhundert datiert. Wieder einige Kilometer weiter gibt es natürlich auch 2 Wasserfälle zu bestaunen, Hraunfoss und Barnfoss. Ich fahre auf guter Lehmpiste über das Gebirge, ein sanfter Gipfel lockt mich - eine Stunde spazierte ich hinauf, die Aussicht übers Land ist wie immer 1A. Hinunter geht es in den Hvalfjördur, wo ich mich eine Stunde in einen Pool lege - Entspannung pur. Ich finde dann etwas abseits von der so gut wie verkehrsfreien Straße ein Platzerl für die Nacht, morgen fahre ich die restlichen 65 km in die Hauptstadt Reykjavik. Heute gefahren: 109 km, insgesamt 2.880
Freitag, 30. Juli
Gegen 5 Uhr werde ich durch ein Rütteln am WoMo geweckt - mitten in der Einschicht. Einen Vorhangspalt aufgemacht - und hinausgeschaut. 2 Schafe stehen da und reiben ihren Rücken an der Kante der Stoßstange. Ab jetzt Kratzstange. Sie nehmen mich zur Kenntnis, kratzen sich weiter und traben dann auf ihre Wiese - und ich schlafe weiter. Die Fahrt in die Hauptstadt entlang des Fjordes (statt unter dem Meer im Tunnel) ist wunderschön, blauer Himmel und 23 Grad. Heutige Kilometer:  76, insgesamt: 2.956
Der Camp in Reykjavik ist 3,5 km vom Zentrum entfernt, was einen Mittagsspaziergang ergibt. Die Stadt ist sehr überschaubar und sauber, die Häuser schön und meistens farbig, die Straßen voller Leben. Ich spaziere durch den Hafen, durch Künstlergassen, Einkaufsstraßen, besichtige das weltweit einzigartige Phallus-Museum, diverse Hinterhöfe, esse Fish and Chips, ein wahnsinnsgutes Eis (3,50 Euro die Kugel), erfreue mich an einer kleinen Bigband - und gehe dann zum Wahrzeichen der Stadt, der Hallgrimskirche. Ein sowas von nüchterner Betonbau, dass er schon wieder schön ist. Mit dem Lift kommt man zur Aussichtsebene in 73 m, der Blick über die Stadt ist einzigartig. Um 18 Uhr bin ich wieder beim Camp, der Schrittzähler zeigt 22.400 Schritte an. Eh klar, dass mir die Füße schmerzen.
Samstag, 31. Juli und Sonntag, 1. August
So, das Ende ist da. Der Westen der Insel ist eindeutig das intensivste Gebiet mit den meisten Kilometern, das ich durchfahren bin. Heute fahre ich nur mehr zum Indie-Stützpunkt (im Süden, der Kreis schließt sich) und gebe das Auto nach insgesamt 3.015 in 59:09 Stunden gefahrenen Kilometer zurück, dann zum Flughafen, auf den Heimflug warten. So um 23 Uhr sollte ich in Wien landen und bald danach mein Hotelzimmer in Fischamend beziehen. Sonntag Vormittag fahre ich dann mit dem Zug nach Villach.